Radentscheide, Verbände und Initiativen fordern landesweite Vorgaben zur schnellen, rechtssicheren Einrichtung coronasicherer Rad- und Gehwege

Sehr geehrte Frau Staatsministerin Schreyer,

stellvertretend für die bayerischen ADFC-Kreisverbände, die bayerischen Radentscheide und mehrere Verbände wende ich mich mit einem Anliegen an Sie, das bereits an den Bundesverkehrsminister und an etliche Landesverkehrsminister in anderen Bundesländern gerichtet wurde bzw. in Vorbereitung ist.

Die Coronakrise und die Kontaktbeschränkungen verändern die persönliche Mobilität aller Menschen in Deutschland deutlich. Während der private Autoverkehr stark zurückgegangen ist, sind – auch der Empfehlung des Bundesgesundheitsministers folgend – immer mehr Menschen auf dem Rad und zu Fuß unterwegs. Für diese spürbaren Veränderungen der Verkehrsmittelwahl ist die Raumaufteilung auf der Straße jedoch nicht ausgelegt. Damit der empfohlene Sicherheitsabstand im öffentlichen Raum eingehalten werden kann, braucht es daher – insbesondere in den Städten – dringend eine schnelle Veränderung der Aufteilung des Straßenraums.

Bürgerinnen und Bürger, die jetzt aufs Rad umsteigen, brauchen leicht zu findende und sichere Wege. Auch zu Fuß gehende Menschen brauchen dringend mehr Platz auf den Gehwegen, um den Sicherheitsabstand einhalten zu können. Nur so können notwendige Wege sicher zurückgelegt werden.
Auch wenn die Verantwortung für die Umsetzung auf kommunaler Ebene liegt, geht es nicht ohne die Landespolitik – es geht nicht ohne Sie und Ihren Beitrag!
Sie als Ministerin für Verkehr können den Kommunen mit entsprechenden Leitfäden, gesetzlichen Rahmenbedingungen und finanzieller Beschleunigung helfen.

Dem Brief der Radentscheide und Initiativen aus ganz Deutschland an Bundesminister Andreas Scheuer folgend, bitten wir Sie daher: Setzen Sie sich dafür ein, dass Kommunalverwaltungen schnell und einfach ein rad- und fußverkehrsfreundliches Wegenetz innerhalb und zwischen den Kommunen einrichten können.
Schaffen Sie bitte die regulatorischen Rahmenbedingungen, damit Straßen schnell und unproblematisch umgestaltet werden können. Geben Sie aus Bayern das Signal, dass Verkehrspolitik ein wichtiger Beitrag für die Gesundheit der Menschen ist!

Die bayerischen Kommunen kennen sicherlich bereits geeignete Straßen und Wege, um ein Netz pandemiegerechter Straßen einzurichten, aber es fehlt ihnen die rechtliche Sicherheit und der Auftrag der Landesregierung zu handeln. Mit der Unterstützung der Landesregierung können entsprechende Straßenräume trotz geringer personeller Kapazitäten überall schnell und einfach Realität werden. Dafür braucht es aber Rechtssicherheit für die zu ergreifenden Maßnahmen. Nur so kann schnell gehandelt werden.

Wir bitten Sie daher, die Kommunalverwaltungen durch die zügige Bereitstellung von Leitfäden bei der provisorischen Umgestaltung von Straßen zu unterstützen, um sicheren und Fuß- und Radverkehr durch eine qualitativ hochwertige Infrastruktur zu ermöglichen. Wo die rechtlichen Rahmenbedingungen dies noch behindern, bitten wir Sie, entsprechende Verordnungen zu erlassen oder pragmatische Lösungen, auch mit Ihren Kolleginnen und Kollegen auf Bundes- Landes- und auf kommunaler Ebene, zu finden.
Städte wie Berlin und Wien machen bereits erfolgreich vor, wie eine solche Umgestaltung des Straßenraums und öffentlicher Räume schnell und einfach m
ermöglicht werden kann.

Die wichtigsten – auch mittelfristige – Maßnahmen, die den Kommunen schnell ermöglicht werden sollten sind:

  • Gehwege temporär verbreitern: Wo Fußwege zu schmal sind, sollten sie durch Markierungen auf den Fahrbahnen erweitert werden. Auch das Verlegen von Hochbordradwegen und Parkplätzen von den Fußwegen auf die Fahrbahnen hilft schnell und einfach, um Fußwege zu verbreitern.
  • Verlegung von Radverkehr auf die Fahrbahn: Wo Radverkehr derzeit über Gehwege geführt wird, kann er auf die Fahrbahn verlegt werden, damit Platz auf Fußwegen geschaffen wird. Dazu eignen sich sowohl temporäre Radstreifen als auch die Einrichtung von temporären Fahrradstraßen.
  • Temporäre Radfahrstreifen auf der Fahrbahn: Breite und gut erkennbare temporäre Radstreifen (Pop Up Bike Lanes) helfen auch Neu-Radfahrenden, sichere Wege durch die Stadt zu finden.
  • Straßen für den Rad- und Fußverkehr öffnen: Die Umwandlung ausgewählter Straßen in Zonen ohne Autoverkehr bzw. mit stark reduziertem motorisierten Verkehr schafft zusätzlichen Platz und Verkehrssicherheit.
  • Temporäre verkehrsberuhigte Straßen: Maßnahmen wie der Einsatz modaler Filter oder Verengungen der Fahrbahn können kurzfristig Wirkung zeigen. So können sich Radverkehr und zu Fuß gehende Menschen bestmöglich auf der Straße verteilen und Bewegung vor der Tür in ausreichendem Abstand zu anderen Menschen wird möglich. Provisorische Verkehrsberuhigung hilft auch bei der Entlastung von Parks und zur Ermöglichung von Bewegung ohne Ansteckungsgefahr.
  • „Bettelampeln“ umprogrammieren: Durch eine Vorrangschaltung für Rad- und Fußverkehr wird das Berühren des Anforderungstasters sowie das Bilden von Gruppen, die auf Grün warten, vermieden.
  • Grünphasen für nicht-motorisierten Verkehr verlängern: Da aktuell deutlich mehr Menschen auf Fahrrädern und zu Fuß unterwegs sind, braucht es für sichere Kreuzungssituationen mehr Zeit in den Grünphasen. Kurze Grünphasen sind kontraproduktiv, da viele Menschen sich eng zusammendrängen müssen, um die Straße rechtzeitig überqueren zu können.
  • Temporäre Geschwindigkeitsreduktion: Korridore mit Tempo 30 reduzieren die Unfallgefahr und bewirken dadurch auch Entlastung von Krankenhäusern.
  • Märkten unter freiem Himmel mehr Platz geben: Wochenmärkte sollten auf angrenzende Flächen wie Straßen oder Parkplätze erweitert werden, um genügend Raum für Warteschlangen mit Abstand zu schaffen.

Mit freundlichen Grüßen
Bernadette Felsch und der Landesvorstand für den ADFC Bayern

Binnen 30 Stunden haben sich zudem folgende Mitunterzeichner*innen aus ganz Bayern explizit für dieses Schreiben ausgesprochen:

  • Martin Geilhufe für den Bund Naturschutz Bayern
  • Martin Glöckner und Andreas Schuster für den Green City e.V.
  • Andreas Schuster für „Sauba sog i“, das Bündnis für saubere Luft in München
  • Bernd Baudler für den VCD Nürnberg
  • Andreas Groh für den Radentscheid München
  • Christian Hader für den Radentscheid Bamberg
  • Michael Achmann für den Radentscheid Regensburg
  • Chloé Heusel für den Radentscheid Erlangen
  • Bas Bergervoet, Marie Büchner, Abraham Weinrich für den Radentscheid Würzburg
  • Armin Stiegler für den Radentscheid Rosenheim
  • Daniel Brunnabend für den Radentscheid Bayreuth
  • Markus Stipp für den Radentscheid Nürnberg und für den ADFC Nürnberg
  • Arne Schäffler für den Radentscheid Augsburg und ADFC Augsburg
  • Tobias Heilig für den ADFC Kreisverband Kempten-Oberallgäu
  • Horst Weise für den ADFC Kreisverband Freising
  • Birgit Sachers, Josefine Hopfes für den ADFC Kreisverband Bad Tölz-Wolfratshausen
  • Klaus Helgert für den der ADFC Kreisverband Erlangen / Erlangen-Höchstadt
  • Olaf Höhne für den ADFC Kreisverband Fürth