Die Position des Radentscheid München zu Baumfällungen im Zuge der Neugestaltung des Straßenraums
Der Radentscheid München sieht sich als Motor der Mobilitätswende in München und setzt sich daher nicht nur für eine bessere Radinfrastruktur, sondern auch für mehr Raum für Zufußgehende, barrierefreie Querungen sowie eine Begrünung und Entsiegelung der Innenstadt ein. Wir sehen dies als eine klare Verpflichtung gegenüber unseren Bündnispartnern und all den Menschen, die den Radentscheid München (REM) mit ihrer Unterschrift unterstützt haben und das auch weiterhin auf vielfältige Weise tun.
Gerade der Erhalt und die zusätzliche Neupflanzung von Straßenbäumen liegt dem REM sehr am Herzen. Die positive Wirkung von Bäumen auf das Stadtklima und die Luftqualität, als beruhigende Elemente im hektischen Straßenalltag sowie als Schattenspender in immer heißeren Sommermonaten ist allgemein anerkannt und auch von uns werden Bäume als zentrale Elemente einer lebenswerten Stadt angesehen. Deshalb bemühen wir uns bei allen Planungen, Lösungen zu finden, die Bestandsbäume erhalten und möglichst viele Neupflanzungen ermöglichen. So konnten durch unsere Vorschläge in vielen Planungen Bestandsbäume erhalten und die Anzahl der Bäume sogar erhöht werden.
Leider lässt sich auch mit den sorgfältigsten Planungen die Fällung von Bestandsbäumen nicht immer vollständig verhindern. Da Baumfällungen ein sehr emotionales Thema sind, fällt hier eine sachliche und nüchterne Abwägung der Argumente besonders schwer. Trotzdem müssen sich die Verantwortlichen in Politik, Verwaltung und auch der Radentscheid dieser Problematik stellen. Es gilt, die widersprüchlichen Ziele bestmöglich in Einklang zu bringen, zwischen den beim Umbau eventuell notwendigen negativen Eingriffen und den langfristig positiven Auswirkungen abzuwägen und einen mehrheitsfähigen Kompromiss zu finden. Der Radentscheid nimmt dafür zum Erhalt von wertvollen Stadtbäumen auch lokale Engstellen und Radwege unterhalb der im Stadtrat beschlossenen Breiten in Kauf.
Notwendige Baumfällungen im Zuge von Radentscheidsmaßnahmen werden in der öffentlichen Diskussion trotzdem gerne allein dem Bau von normgerechten Radwegen für den zunehmenden Radverkehr angelastet. Dabei zeigt eine differenzierte Betrachtung, dass die Neugestaltung des Straßenraums nicht nur der Anlage von ausreichend breiten Radwegen sondern dem gesamten Umweltverbund aus ÖPNV, Rad- und Fußverkehr dient. Fast immer wird gleichzeitig durch breitere Gehwege und mehr Grün auch die Aufenthaltsqualität deutlich verbessert, werden Bus- und Trambahnhaltestellen benutzerfreundlicher gestaltet und wird für ausreichende Lieferzonen gesorgt. Ohne den Erhalt aller Fahrspuren und möglichst vieler Parkplätze würden diese Verbesserungen mit deutlich weniger Eingriffen in den Baumbestand möglich sein.
Grundsätzlich suchen die städtischen Projektplaner mit Unterstützung des REM jedoch immer mit sehr viel Einsatz nach Möglichkeiten, den Baumverlust durch Ersatzpflanzungen am Standort bestmöglich auszugleichen. Es ist natürlich richtig, dass ein vitaler, Jahrzehnte alter Bestandsbaum ungleich mehr Sauerstoff produziert, Schadstoffe filtert und Wasser verdunstet, als dies eine Neupflanzung in den ersten 30 Jahren leisten kann.
Zu bedenken ist allerdings auch, dass sehr viele Bestandsbäume schon jetzt weniger vital sind, als wir uns das wünschen würden. So sind Stadtbäume durch Hitze und Trockenheit einem hohen Stress ausgesetzt. Verdichtete und versiegelte Wurzelbereiche, Autoabgase, Krankheiten, Schädlinge, Hundeurin und andere Einflüsse haben zur Folge, dass Straßenbäume selten das Lebensalter vergleichbarer Bäume in Parks oder Wäldern erreichen. Damit eröffnet die Neupflanzung von Bäumen auch die Chance, einen auf lange Sicht widerstandsfähigen und klimaresilienten Baumbestand in der Stadt heranwachsen zu lassen. Für Neupflanzungen werden klimaangepasste Baumsorten verwendet, die in vergrößerten Substratgruben mit erweiterter Sickerwasserversorgung in der Regel bessere Lebensbedingungen für ein schnelles Wachstum trotz Klimawandel finden.
Umbauten des Straßenraums im Zuge von Radentscheidmaßnahmen steigern signifikant die Attraktivität der Fuß- und Radinfrastruktur und fördern so eine Veränderung des Mobilitätsverhaltens zugunsten des Umweltverbundes. Das führt so unmittelbar zu weniger gesundheitsschädlichen Lärm- und Schadstoffbelastung und einer weiterhin lebenswerten Stadt in Zeiten des Klimawandels.