Radentscheid München fordert: Sichere Radinfrastruktur an Kreuzungen!

Keine Radwege zwischen Auto-Fahrspuren

München, den 25. August 2021

Die meisten und zugleich schwersten Unfälle von Radfahrenden passieren im Kreuzungs- und Querungsbereichen mit Kraftfahrzeugen. Fahrrad-Infrastruktur muss dem Rechnung tragen. Mit der Annahme des Radentscheid im Jahr 2019 wurde ein sicheres und komfortables Radwegenetz für ganz München beschlossen, damit zukünftig mehr Menschen aufs Fahrrad umsteigen.

Aktuell entstehen in München sogenannte „Fahrradweichen“ oder „Radwege in Mittellage“: Es werden zwischen zwei Autofahrspuren rote Radwege aufgemalt, die allerdings von Autofahrenden beim Spurwechsel und zum Einparken überquert werden müssen. Die farbigen Radstreifen sollen die Autofahrenden auf den Radverkehr aufmerksam machen – aber: Farbe allein ist keine Infrastruktur. Sie erhöht vielleicht die Aufmerksamkeit, nicht jedoch die objektive Sicherheit. Und erst Recht nicht das subjektive Sicherheitsempfinden. “Man kann sich unschwer vorstellen, wie unsicher es sich für Radfahrende anfühlt, wenn links und rechts Autos oder sogar LKWs mit bis zu 50 km/h oder mehr an ihnen vorbeirauschen – und das oft auf beiden Seiten gleichzeitig – und vor und hinter ihnen Spurwechsel erfolgen. In der Fahrradszene werden diese Radstreifen deshalb Angstweichen genannt. Würden Sie ihr Kind oder alte Leute hier radeln lassen? Die Antwort lautet: Nein. Besser als nichts ist noch lange keine gute Radinfrastruktur“, sagt Katharina Horn, Sprecherin des Radentscheid München.

Damit widersprechen Radstreifen in Mittellage, u.a. der generationen- und gendergerechten Stadtplanung, die SPD/Volt und Die Grünen – Rosa Liste in einem Stadtratsantrag gefordert haben. Denn die Mobilitätsbedürfnisse von Kindern und unsicheren oder mobilitätseingeschränkten Radfahrer*innen werden so nicht berücksichtigt. Und: Gerade Frauen würden sich mit sicherer Infrastruktur zum Umstieg aufs Fahrrad motivieren lassen.

Bild: Radstreifen in Mittellage an der Seidlstraße. Kindern unter acht Jahren dürfen diesen Radweg nach Gesetzeslage nicht benutzen. Sie müssen auf dem Fußweg fahren – ihre begleitenden Eltern haben die Wahl.

Der Radentscheid München betont, dass die Steigerung des Sicherheitsempfindens ein elementarer Bestandteil der Förderung und Steigerung des Radverkehrs sein muss. Befürworter*innen von Angstweichen argumentieren, dass bislang nur wenige Menschen darauf verunfallt sind. Wie viele Menschen aber gar nicht erst Radfahren, weil sie Angst haben, wird nicht untersucht.

Bei der Planung an funktionierenden Beispielen orientieren

Einen deutschen Standard für die ideale Gestaltung von sicheren Kreuzungen gibt es bislang nicht. Hier besteht Nachholbedarf. Eine Debatte ist dringend notwendig. Der ADFC wird deshalb zum Münchner Mobilitätskongress, der während der IAA Mobility stattfindet, eine „sichere ADFC-Kreuzung“ vorstellen. Der Radentscheid begrüßt dieses Projekt. Weil die geplante temporäre Umgestaltung einer Kreuzung leider nicht genehmigt wurde und der sehr enge Genehmigungsrahmen auch ein 1:1-Modell nicht ermöglicht, wird der ADFC vom 6. bis 10. September Pläne für den verkehrsicheren Umbau einer typischen Münchner Kreuzung vor dem Verkehrszentrum präsentieren. Verkehrsplanungs-Expert*innen, u.a. auch aus den Niederlanden, werden bei mehreren Workshops für Fragen zur Verfügung stehen.

Bei der beschlossenen Umsetzung des Radentscheids und der Vision Zero müsste die Stadt München das Rad nicht neu erfinden, sondern könnte auch auf Erfahrungen aus den fahrradfreundlichen Nachbarländern Dänemark und Niederlande zurückgreifen. Dort sind „protected intersections“ (geschützte Kreuzung) mittlerweile erprobter Standard.  Verkehrsinseln (sog. Linsen) reduzieren die Abbiegegeschwindigkeit und somit bessere Sichtbeziehungen zwischen Auto- und Radfahrenden. Abbiegen stellt zudem eine deutlich geringere Gefahr dar, wenn Ampeln getrennt geschaltet sind. „Die Planung und Umsetzung von sicheren Kreuzungen benötigt sicherlich mehr Aufwand als das Aufmalen eines Radstreifens. Doch auf dem Weg in die klimafreundliche Radlhauptstadt sollte es das den Verantwortlichen wert sein“, sagt Katharina Horn.

Andere Städte wie zum Beispiel Aachen gehen bereits mit gutem Beispiel und forschen selbst, um sichere Kreuzungen zu realisieren. In Darmstadt läuft ein Forschungsprojekt zu sicheren Kreuzungen nach niederländischem Vorbild, gefördert durch das BMVI.

Weiterführende Informationen

ADFC Positionspapier Radstreifen in Mittellage

Erklärvideo: Protected Intersection https://vimeo.com/86721046

Changing Cities: Radweichen sind gefährlich

Wer sind wir?

Der Radentscheid München besteht aus Verbänden und Parteien, die die Situation für Radfahrende in München nachhaltig und zügig verbessern wollen. Mit dabei sind der ADFC München, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN München, BUND Naturschutz München, DIE LINKE München, Green City e.V. sowie die ÖDP München. Darüber hinaus steht dahinter ein breites Bündnis von 52 Partner*innen und von rund 1.000 ehrenamtlichen Radlbotschafter*innen.

Pressekontakt

presse@radentscheid-muenchen.de

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