Stellungnahme des Radentscheid München zur Planung der Schwanthalerstraße mit geschützten Radfahrstreifen (PBL)

zwischen Paul-Heyse-Straße und Sonnenstraße

Auf Grundlage der Planungsskizzen „Anlage2_20240704_Mark PBL“ mit Stand vom 7.8.2024 (Datum der Stellungnahme: 9. Oktober 2024)

Einordnung des Bauvorhabens

Die Schwanthalerstraße ist der zentrumsnahe Teil der Radschnellverbindung (IR II) München-Starnberg und der Radvorrangroute IR III aus dem Westend. Sie verbindet den Münchner Westen mit dem Altstadt-Radlring. 

Aktuell gibt es im östlichen Abschnitt der Schwanthalerstraße keinerlei Radinfrastruktur. Durch die hohe Kfz-Dichte und den ungeordneten Lieferverkehr gilt die Schwanthalerstraße sogar unter erfahrenen Radfahrenden als gefährliche „Hardcore-Strecke“. Weniger erfahrene Radfahrer*innen meiden diese Verbindung nach Möglichkeit.

Die aktuellen Planungen sehen vor, Parkplätze und eine der drei Kfz-Fahrspuren in geschützte Radfahrstreifen umzuwidmen. Um den Lieferverkehr zu erleichtern und zu ordnen, werden in wichtigen Straßenabschnitten Lieferzonen ausgewiesen. Zusätzlich wird eine Ein- und Ausstiegszone für Busse vor dem Deutschen Theater eingerichtet. 

Diese Maßnahmen tragen dazu bei, die gefährliche Situation für Radfahrende in der Schwanthalerstraße kosteneffizient und zeitnah zu verbessern und die Sicherheit für diese stark zunehmende Verkehrsart im Umweltverbund zu erhöhen. Darum begrüßt und unterstützt der Radentscheid grundsätzlich diese Maßnahme.

Gleichzeitig bedauert der Radentscheid sehr, dass es in der gegebenen Zeit nicht gelungen ist, die Projektverantwortlichen der verschiedenen Referate davon zu überzeugen, alle vorhandenen Potenziale auszuschöpfen, um zumindest die maßlichen Mindeststandards herzustellen, die von den bundesweiten Normen (H RSV) und den Leitlinien des Radentscheid für diese Radweg-Kategorie gefordert werden.

Stellungnahme

Prinzipielle Anordnung der Verkehrsflächen

Der Radentscheid stimmt der Aufteilung des Straßenraums und der Anordnung der Radfahrstreifen, der Park- und Lieferzonen, der Kfz-Fahrspuren und der Abbiegespuren an den Knoten grundsätzlich zu. 

Die maßliche Auslegung der einzelnen Fahrbahnelemente, insbesondere der Breite der Radfahrstreifen, entspricht im Umfeld der Knoten jedoch weder den Mindestanforderungen aus den bundesweiten Normen H RSV noch den Leitlinien des Radentscheid.

Bei der Bemaßung der Planungsskizzen muss berücksichtigt werden, dass von den angegebenen Radwegbreiten noch 0,78 m für die Sperrflächen abgezogen werden müssen, um die nutzbare Breite der Radwege ablesen zu können. Hinter dem angegebenen Maß von 2,90m verbirgt sich beispielsweise eine nutzbare Radwegbreite von nur 2,12 m (anstatt der vorgegebenen Mindestmaße von 2,50 m für IR II und 2,30 m für IR III).

Vorhandene Potentiale ausschöpfen und Mindeststandards herstellen

Für eine Radschnellverbindung, wie sie laut Netzplan in der Schwanthalerstraße verläuft, legt die H RSV für Radfahrstreifen eine Regelbreite von 3,00m und eine Mindestbreite von 2,50 m fest. 

Für die hier deckungsgleich verlaufende Radvorrangroute IR III wird von den gleichen Normen eine Regelbreite von 2,50m und eine Mindestbreite von 2,30m gefordert. Dieser niedrigere Standard entspricht der Mindestforderung des Radentscheid München an die Breite der Radfahrstreifen in der Schwanthalerstraße.

Die in den Planungen vorgesehenen Breiten der Radfahrstreifen weisen jedoch in der Umgebung der Knoten nur eine Breite von etwas über 2,10m auf, also eine Unterbreite von ca. 0,20m bezüglich einer Radvorrangroute und sogar von ca. 0,50m bezogen auf eine Radschnellverbindung.

Diese Einengung des Radverkehrs wird von den Vertretern des Radentscheid vor allen Dingen deshalb kritisiert, weil der in den Leitlinien vereinbarte Grundsatz der Proportionalität hier nicht angewendet wurde. Dieser Grundsatz sieht bei beschränktem Raumangebot vor, dass alle Verkehrsarten gleichberechtigt behandelt werden und deshalb gleichermaßen einen Beitrag zur Realisierbarkeit eines Straßenquerschnitts leisten sollen. Sieht man Fuß-, Rad- und Kfz-Verkehr als gleichwertig an, ist nicht nachvollziehbar warum allein der Fuß- und Radverkehr Abstriche von den festgelegten Regelbreiten hinnehmen sollte, während der Kfz-Verkehr weiterhin auf Fahrbahnen in Komfortbreite (Regelbreite) dahinrollt. 

In der Schwanthalerstraße, in der keine Linienbusse verkehren, weisen die Fahrspur-Aufweitungen (!) im Zulauf der Knoten in den Planungen weiterhin 5,80m auf, während in vergleichbaren Planungen 5,50m durchaus übliche Maße sind. Der Radverkehr hingegen soll an diesen Stellen sogar eine Fahrbahn-Einengung hinnehmen.

Zudem werden aus Sicht des Radentscheid die spezifischen Eigenschaften von geschützten Radfahrstreifen bei der Beurteilung der mindestens notwendigen Kfz-Fahrbahnbreiten nicht ausreichend berücksichtigt. Bei geschützten Radfahrstreifen begrenzen die Schutzelemente nämlich nicht wie Bordsteinkanten die nutzbare Fahrbahnbreite mit einer harten Kante, sondern liegen in einem Abstand von 30 cm vom Fahrbahnrand. Die Fahrbahn wird allein durch eine weiße Markierung begrenzt. Dies erleichtert die Reduzierung der nominellen Kfz-Fahrbahnbreite ohne Funktionseinbußen. 

Weitere, nicht genutzte Raumgewinne für regelkonforme Radwege liegen aus Sicht des Radentscheid in den angenommenen Mindestbreiten für die Sperrflächen zwischen Radfahrstreifen und Kfz-Fahrspuren. 

Leider ist es den Vertretern des Radentscheid auch mit wiederholter Nachfrage über einen längeren Zeitraum nicht gelungen, von der Straßenbaubehörde zu erfahren, auf welchen konkreten öffentlich-rechtlichen Vorschriften oder allgemein anerkannten Regeln der Technik ihre divergierende Einschätzung des Sperrflächenmaßes beruht.

Würden die oben genannten Potenziale genutzt werden, wäre eine durchgängige Breite der Radfahrstreifen von 2,30m und damit zumindest die Einhaltung des IR III-Mindestmaßes möglich.

Sicherheitsabstand zu parkenden Kfz (Dooring) sicherstellen

Radfahrstreifen müssen zu parkenden Kfz gemäß den bundesweit gültigen Normen (ERA2010) einen Sicherheitsabstand von 0,75 m aufweisen, damit Kollisionen von Radfahrenden mit sich öffnenden Beifahrertüren verhindert werden und auch Kfz-Insassen geschützt und sicher aussteigen können.

Um diesen Abstand bei geschützten Radfahrstreifen sicher zu stellen, schlägt der Radentscheid Schwellenelemente vor, die ein Überfahren der sicherheitsrelevanten Sperrfläche durch parkende Kfz sicher verhindern.

Diese Lösung wurde jedoch „aus Sicherheitsgründen“ abgelehnt. Das ist aus Sicht des Radentscheid nicht nachvollziehbar, da eine identische Situation über Jahrzehnte in der Zeppelinstraße bestand. Dort überfuhren Kfz sogar regelmäßig die markierte Sperrfläche, um direkt am freistehenden Bordstein zu parken. Die Situation in der Zeppelinstraße wurde dennoch als „kritisch“ eingeordnet.


Nachfragen zu konkreten Beschwerden in der Zeppelinstraße, die eine objektive Bewertungsgrundlage aus langjähriger Praxis bietet, blieben von den zuständigen Stellen leider unbeantwortet.

Die jetzt vorgesehenen Poller können das teilweise Parken auf der Sperrfläche nicht verhindern und damit die Einhaltung des Sicherheitsabstandes nicht sicherstellen. Sollte sich diese Problematik im Betrieb tatsächlich als Sicherheitsrisiko für Radfahrende herausstellen, erwartet der Radentscheid eine Neubewertung der verwendeten Schutzelemente.

Schlussbemerkung

Um den Abschluss der Planungen nicht zu verzögern und um eine zeitnahe Verbesserung der Situation für Radfahrende in der Schwanthalerstraße zu ermöglichen, verzichten die Vertreter des Radentscheid auf die Klärung der noch offenen Grundsatzfragen im Rahmen dieses Projektes und setzen auf eine Klärung im Nachgang oder beim nächsten, vergleichbaren Straßenbauprojekt. 

Die Vertreter des Radentscheid bedanken sich bei den Projektverantwortlichen für ihr Engagement bei der Planung dieses innovativen Projektes, das mit einem zeit- und kostensparenden Ansatz einen dringend notwendigen Lückenschluss im Radverkehrsnetz ermöglicht.

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Stellungnahme des Radentscheid München zur Sitzungsvorlage Nr. 20-26 / V 10735 Fahrradstraßen – Pilotrouten

Fahrradstraßen sind wichtige Bestandteile eines durchgängigen und leistungsfähigen Rad-Vorrangnetzes. Sie betreffen damit auch unmittelbar die Ziele des Radentscheid München (vgl. Beschluss der Vollversammlung des Stadtrats vom 18.12.2019).
Leider hatte der Radentscheid keine Möglichkeit, an dieser wichtigen Beschlussvorlage mitzuwirken. Deshalb möchten wir mit dieser ausführlichen Stellungnahme auf die aus Sicht des Radentscheid notwendigen Ergänzungen und Anpassungen der
Beschlussvorlage hinweisen.

Zusammenfassung


Fahrradstraßen sollen den Radverkehr abseits der Hauptverkehrsstraßen bündeln und möglichst mit Bevorrechtigung gegenüber untergeordneten Straßen ein schnelles Vorankommen im Fahrradnetz ermöglichen.

Knapp 2 Jahre nach der Evaluierung des Pilotversuchs zu bevorrechtigten Fahrradstraßen hat nun das MOR eine umfangreiche Beschlussvorlage zu Fahrradstraßen vorgelegt. Der REM begrüßt die Einrichtung einer bevorrechtigten Route vom Petuelpark in Richtung Norden, die vorgeschlagenen Detailverbesserungen an den bestehenden Routen sowie die Absicht, Informationsdefizite in der Bevölkerung zu Fahrradstraßen durch verschiedene Maßnahmen abzubauen.

Bei anderen wichtigen Punkten sieht der Radentscheid noch Defizite und macht konkrete Verbesserungsvorschläge, um diese zu korrigieren bzw. zu ergänzen: Es werden nicht alle notwendigen Verbesserungen an den Pilotrouten in der Beschlussvorlage adressiert. Die Möglichkeit, einen sicheren und attraktiven Standard für Fahrradstraßen zu etablieren, wird nicht genutzt. Die Beschlussvorlage bleibt darüber hinaus in vielen Punkten wenig konkret und schöpft teilweise nicht einmal die Möglichkeiten der anwendbaren Gesetze und Regelwerke aus.

Wichtige Aspekte, wie die Oberflächenqualität der Fahrbahn oder die Einrichtung von Lieferzonen, um Behinderungen durch 2. Reihe-Parker zu minimieren, werden nicht thematisiert.

Auf freie Sichtbeziehungen soll zwar geprüft werden, Entscheidungskriterien sowie die Beschreibung eines Prozesses zur Verbesserung von Problemstellen fehlen jedoch. Zur Einführung von Fahrradzonen gibt es nur eine unverbindliche Absichtserklärung und die Aussicht auf ein langjähriges Pilotprogramm.

Die ausführliche Stellungnahme mit den notwendigen Ergänzungen und Anpassungen der
Beschlussvorlage liegt hier.

Stellungnahme des REM zur Augustenstraße

Stellungnahme des Radentscheid München zur Augustenstraße zwischen Briennerstraße und Görresstraße
Auf Grundlage der Pläne „Augustenstraße“ mit Stand vom 10.05.2024

Mit Freude können wir dazu schreiben: 

In der gemeinsamen Entwicklungsarbeit wurden die Anregungen des Radentscheid durch die Projektverantwortlichen ernsthaft geprüft und in die Planungen aufgenommen oder mit nachvollziehbaren Begründungen im Konsens nicht weiterverfolgt.

Die Planungen können damit als bestmöglich Radentscheid-konform bezeichnet werden.

Die Planungen werden am 8. Juli 2024 im Bezirksausschuss 3 Maxvorstadt besprochen.